Leistungen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, für die ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht, gelten als Leistungen, die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeübt werden. Solche Leistungen im Rahmen der öffentlichen Gewalt fallen grundsätzlich unter die Ausnahmeregelung des § 2b Abs. 1 UStG und sind somit von der Umsatzbesteuerung ausgenommen (BMF-Einführungsschreiben zu § 2b UStG vom 16.12.2016).
Innerhalb der Finanzverwaltung war jedoch lange die Frage umstritten, ob die Vereinnahmung von privatrechtlichen Entgelten im Rahmen der Anwendung des § 2b UStG dazu führt, dass diese Leistungen – trotz des Anschluss- und Benutzungszwangs – als Leistung auf privatrechtlicher Grundlage gelten und damit der Umsatzsteuer unterliegen.
Das Bundesministerium für Finanzen hat mit seinem Schreiben vom 29.11.2019 unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Stellung dazu genommen und die vorbeschriebenen Rechtsfolgen bestätigt. Auch in den Fällen des Anschluss- und Benutzungszwangs führt die privatrechtliche Ausgestaltung der Leistung dazu, dass kein Handeln im Rahmen der öffentlichen Gewalt im Sinne des § 2b Abs. 1 UStG vorliegt.
Diese Regelung hat bundesweit erhebliche Auswirkungen insbesondere auf die öffentlichen Abwasser- und Abfallentsorgungsbetriebe. Zwar gilt für deren Entsorgungsleistungen regelmäßig ein Anschluss- und Benutzungszwang, die rechtliche Ausgestaltung gegenüber den Bürgern nehmen die Entsorgungsbetriebe jedoch durchaus auch auf privatrechtlicher Grundlage vor, so dass die Entsorgungsentgelte (z.B. Entgelte für Hausanschlüsse, Baukostenzuschüsse) entsprechend den oben genannten Grundsätzen mit der Anwendung des § 2b UStG, spätestens zum 1.1.2023, der Umsatzsteuer unterliegen werden.
Die Länder bitten nun die Entsorgungsbetriebe diese Grundsätze zu beachten und entsprechend zu verfahren (Verfügung des LfSt Niedersachsen vom 21.12.2020 – S 7107-24-St 171).
Weiterhin nicht betroffen von dieser Regelung werden die Entsorgungsbetriebe sein, die bereits heute ihre Entgelte auf Basis von den in der Satzung geregelten Gebühren oder Beiträgen erheben (so erfahrungsgemäß in Baden-Württemberg und Bayern überwiegend der Fall), da somit eine öffentlich-rechtliche Grundlage vorliegt bzw. das Handeln in diesem Rahmen möglich ist.
Dennoch sollten alle Umsätze der Entsorgungsbetriebe noch vor Anwendung des § 2b UStG genau überprüft werden, um für Entgelte, die außerhalb der Satzung geregelt werden, möglichst frühzeitig erforderliche Maßnahmen einzuleiten. Unter Umständen bedarf es nur einer Satzungserweiterung, um diese Entgelte insoweit vor einer privatrechtlichen Einstufung zu bewahren.