Sehr geehrte Damen und Herren,
in gewohnter Weise möchten wir Sie heute über eine aktuelle Entwicklung im Steuerrecht informieren, welche für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) von größtem Interesse ist.
Hierzu haben wir aktuelle Informationen für Sie in Sachen der Besteuerung von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen bzw. der generellen Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft im kommunalen Umfeld.
Mit Sicherheit ist den meisten diese steuerliche Änderung, welche im Zuge der Corona-Pandemie vorgenommen wurde, gar nicht sehr präsent. Die Auswirkung trifft aller Wahrscheinlichkeit nach aber auch Ihre Kommune. Denn zum 01.01.2022 wird das Umsatzsteuergesetz bezüglich § 24 UStG geändert und somit wird für eine Vielzahl von Kommunen die Möglichkeit zur steuerlichen Pauschalierung der Umsätze bezüglich der Land- und Forstwirtschaft ab dem Jahr 2022 entfallen. Dies muss nicht zum Nachteil der Kommune sein, eine Umstellung der steuerlichen Erfassung wird aber überwiegend die zwingende Folge sein.
Kurz zusammengefasst:
- Hintergrund der Gesetzesänderung der Bundesregierung: Reaktion auf die Einleitung eines Klageverfahrens der EU-Kommission
- Änderung des §24 UStG („Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe“)
- Ab dem 1. Januar 2022 besteht die Möglichkeit der Pauschalierung nur noch dann, wenn der Gesamtumsatz eines Unternehmers (§ 19 Abs. 3 UStG) im Jahr nicht mehr als EUR 600.000 beträgt! Entscheidend für die Beurteilung der Einhaltung der Umsatzgrenze sind die Umsätze des Vorjahres.
Für Kommunen bzw. Waldbesitzer war es in Deutschland bisher möglich, die Lieferungen aus forstwirtschaftlichen Erzeugnissen in unbegrenzter Höhe pauschal zu besteuern. Hiervon haben bisher erfahrungsgemäß eine Vielzahl waldbesitzender Kommunen Gebrauch gemacht. Für Umsätze ab dem 1. Januar 2022 besteht die Möglichkeit der Pauschalierung allerdings nur noch dann, wenn der Gesamtumsatz eines Unternehmers (§ 19 Abs. 3 UStG) im Jahr nicht mehr als EUR 600.000 beträgt.
Zum Gesamtumsatz zählen, aufgrund keiner einschränkenden Definition im Gesetzeswortlaut, nicht nur Lieferungen aus forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, sondern sämtliche Umsätze, die als Unternehmer bewirkt werden. Hierunter fallen für Kommunen folglich auch diejenigen Erlöse, welche aus Betrieben gewerblicher Art (beispielsweise der Wasserversorgung) resultieren sowie aus Nebenbetrieben, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dienen. Nach der ebenfalls anstehenden Umsetzung des neuen § 2b UStG (spätestens ab dem 01.01.2023) werden auch diese Umsätze die für die Inanspruchnahme der Möglichkeit der Pauschalierung relevanten Gesamtumsätze erhöhen. Prämienzahlungen und steuerfreie Umsätze, wie der Verkauf von Grund und Boden, sind bei der Berechnung des Netto-Gesamtumsatzes aber in aller Regel nicht zu berücksichtigen.
Der Wechsel von der Pauschalierung zur Regelbesteuerung bedeutet, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer auf Ausgangsrechnungen abgeführt und gleichzeitig bei Eingangsrechnungen die Vorsteuer geltend gemacht werden kann. Bislang wird, im Sinne eines „Nullsummenspiels“, die pauschaliert ausgewiesene Umsatzsteuer zugleich als Vorsteuer geltend gemacht. Dementsprechend rücken ab dem 1. Januar 2022 die formalen Grundsätze zur Ausstellung einer Rechnung (§ 14 UStG) noch mehr in den Fokus bzw. der zuständigen Abrechnungsstelle ist der Übergang zur Regelbesteuerung mitzuteilen.
Auch wenn die oben genannte Umsatzgrenze nicht überschritten wird, kann es insbesondere für Kommunen mit hohen Kosten für Unterhaltung bzw. Aufforstung empfehlenswert sein, freiwillig zur Regelbesteuerung zu wechseln. Ein freiwilliger Wechsel zur Regelbesteuerung ist unter Angabe einer Optionserklärung gegenüber dem Finanzamt und unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Darüber hinaus hat sich das BMF mit aktuellem Schreiben vom 04. Oktober 2021 auch klarstellend in Bezug auf die Anwendung der Pauschalierung bzw. Durchschnittssatzbesteuerung bei erbrachten Dienstleistungen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs geäußert. Sofern Ihre Kommune ab dem 01. Januar 2022 weiterhin die Durchschnittssatzbesteuerung anwenden kann, sind die im BMF-Schreiben im Detail ausgeführten Regelungen entsprechend von Relevanz und zu beachten.
Auch im zweiten Halbjahr bzw. im Herbst 2021 bietet Ihnen BW PARTNER wieder verschiedene Fortbildungsangebote (https://www.bw-partner.com/de/bw-seminare/) an, welche speziell für die Praxis der öffentlichen Hand ausgerichtet sind. Besuchen Sie deshalb gerne auch unsere aktuellen Fortbildungs- und Informationsangebote über den Arbeitskreis „Besteuerung der öffentlichen Hand“ (https://ak-kommunal.de/). Wir haben diese Plattform für Sie konzipiert und freuen uns, Sie herzlich hierzu einladen zu können. Neben den zahlreichen Veranstaltungen erhalten Sie einen exklusiven Zugang zu unserem Online-Portal, auf dem wir Ihnen Präsentationen und nützliche Arbeitshilfen zur Verfügung stellen.
Sollten Sie zu diesem brisanten Thema Rückfragen haben oder weitergehende Beratung wünschen, steht Ihnen unser gesamtes Team selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung – bitte bleiben Sie weiterhin gesund.
Mit freundlichen Grüßen
BW PARTNER