Die sogenannte Verwendungsfestschreibung ist eine sehr formale und unangenehme Rechtsfolge bei offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen. Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft können grundsätzlich durch zwei Quellen finanziert werden, einerseits durch Gewinne und andererseits durch historische Einlagen der Gesellschafter. Aus welchem Topf eine Ausschüttung finanziert wird, steht jedoch weder im Ermessen der Kapitalgesellschaft noch im Ermessen des Finanzamts; vielmehr schreibt das Gesetz eine verbindliche Verwendungsreihenfolge vor (zuerst alle ausschüttungsfähigen Gewinne, dann erst werden Einlagen zurückgewährt).
Sollte es zu einer Einlagenrückgewähr kommen, ist der verwendete Betrag auf der Ausschüttungs-Steuerbescheinigung zu vermerken. Vergisst man dies rechtzeitig zu bescheinigen bzw. hat man – wie bei einer verdeckten Gewinnausschüttung – gar keine Steuerbescheinigung erstellt, gilt die Ausschüttung als aus Gewinnen finanziert. Die Rechtsfolge ist, dass die Kapitalgesellschaft Kapitalertragsteuer einzubehalten und der empfangende Gesellschafter die Ausschüttung zu versteuern hat (bei einer Einlagenrückgewähr wäre dies jeweils nicht der Fall).
So erging es im Sommer 2020 auch einer Gemeinde. Sie unterhielt einen Betrieb gewerblicher Art, dessen Verluste von der Betriebsprüfung als verdeckte Gewinnausschüttung an die Gemeinde eingestuft wurden. Die Betriebsprüfer bestanden auf dem Einbehalt und der Abführung von Kapitalertragsteuer auf diese Ausschüttung. Die Kommune erwiderte, dass die Ausschüttung (mangels ausschüttbarer Gewinne) ausschließlich aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert sein könne. Dieses Argument ließen die Prüfer jedoch nicht gelten, da keine rechtzeitige Verwendung des Einlagekontos erfolgt sei.
Die Richter pflichteten den Betriebsprüfern bei und entschieden zuungunsten der Gemeinde. Sie begründeten ihr Urteil mit der Aussage, dass die oben beschriebenen Regeln auch für die öffentliche Hand gelten und der Gesetzgeber keine Ausnahmen vorgesehen habe.
Hinweis: Rechtzeitig bescheinigt ist die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos nur dann, wenn diese bis zum Tag der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des Wirtschaftsjahres der Leistung erfolgt. Wird die Steuerbescheinigung nicht oder nicht rechtzeitig erstellt, gilt die Einlagenrückgewähr per Gesetz als mit 0 € bescheinigt.